Frühstyxradio: Arschkrampen

Nacht über Gotenhafen (Teil 2)

Sprecher: Ende April 1945, in der Danziger Bucht liegt ein stählerner Sarg. Wie durch ein Wunder ist es den letzten beiden Flüchtlingen aus Ostpreussen über Funk gelungen, dass Boot von Kapitänleutnant Brettermeier zu rufen. Mit an Bord des rostigen Seelenverkäufers sind nur noch 1WO Tomatenkopp und LI Pränki Prankowski. Seit Stunden liegt U98 auf Grund, oben detonieren die russischen Wasserbomben, die Ausfahrt Gotenhafen ist abgeriegelt. Der Kaleu hat sich in seiner Kabine eingeschlossen, hört Musik und hantiert mit rostigen Nägeln herum. Die Verantwortung für das Boot ruht auf den Schultern des leitenden Ingenieurs Prankowski.
Man hört im Hintergrund Echolot und detonierende Wasserbomben.
Pränki: Jaha Nnnhhnn. Scheiss E-Motore, muss wohl einer mit seine Füsse drin steckengeblieben sein, oder wat. dat stinkt ja jedenfalls wie bei Göring in der Unterhose. [keuch, hust]
Gürgen: ähm, äh äh Herr Leitender?
Pränki: Ja was is?
Gürgen: Technisch, häh ähm, sind die Motoren aber soweit in Ordnung? Chichi
Pränki: Abgesehen davon, dass se nich laufen, alles tiptop.
Gürgen: Und wie stehen die Chancen, dass wir hier heil rauskommen?
Kurt: Mach den Herrn Ingenieur nich nervös Ferkel! Mir scheint, der versteht sein Handwerk.
Gürgen: Sag mal, bist du blind Kurt? Der Typ kann doch nichtmal mehr auf der untergegangenen Titanic anmustern. Ein Arm fast abgefault, trägt den Kopp in 'ner Schlinge und stochert sich dauert mit 'nem siebzehner Schlüssel in der Augenhöhle rum.
Kurt: Herbert Grönemeyer sieht auch Scheisse aus und fährt auf U96.
Gürgen: Das stimmt, ja. Sagen sie mal Herr Prankowski...
Pränki: Ja was is?
Gürgen: ...meinen sie nicht, es wäre besser mal was zu unternehmen, damit die Maschinen wieder laufen?
Pränki: ähm mhh, ich sach mal so, oben lecht der Iwan grade seine Eier, ne, da geh ich doch lieber jetzt in meine Pause, ne, als nachher, so gesehen.
Gürgen: [zunehmend erregter] Ach was haben sie vielleicht auch noch Resturlaub...
Pränki: Was?
Gürgen: ... oder freie Tage, die sie hier unten abfeiern wollen?
Kurt: Sachmal willst du Arschkopp hier einen ehrlichen Arbeiter seine tariflichen Rechte wegnehmen, oder was soll das Gestänker?
Gürgen: Nein nein aber auf keinen Fall. Ha. Vielleicht ist Herr Prankowski ja sogar im Betriebsrat von U98 und für diesen Tag freigestellt, um Akten aufzuarbeiten. Mmmmhh hihi, oder dergleichen, wir haben ja auch noch satte 10 Minuten Sauerstoff, mmmhh hihi.
Pränki: Ham ham wir nich. Ham wir nich mehr, das meiste brauchen wir zum anblasen, damit die Zigarre ihren Arsch aus dem Sand zieht.
Gürgen: Na Bravo!
Kurt: Ich finde der Leitende hat recht, wenn man erstmal anfängt in seiner Pause durchzuarbeiten, dann wird das sehr schnell selbstverständlich.
Gürgen: SAG MAL, BIST DU DENN BESCHEUERT KURT?
Kurt: Was? Wieso?
Gürgen: Wo sind wir hier eigentlich, huuuarrrghhh. Mit wahnsinnigem Glück sind wir aus Ostpreussen rausgekommen, nur um in dieser Blechdose elendig zu verecken. Mit einem Kaleu, der sich eingeschlossen hat und Schlager hört und mit dem 1WO, den ich überhaupt noch nicht gesehen habe.
Kurt: Das waren seine Füsse in dem Motor da hinten.
Gürgen: Na Klasse! Und einem Zombie, der kurz vorm Verecken seine scheiss tarifliche Pause durchzieht. Huhuargh.
Pränki: Hinten anblasen. [das Boot bewegt sich] Rotlicht schalten. E-Motoren anlassen. E-Motoren 1, 4 und 6 laufen. Rotlicht ist geschaltet, auf hundert Meter gehen.
Gürgen: [zunehmend euphorischer] Jaha ha chihi, was machen sie da? Was geht da vor?
Pränki: Wir verduften, der Iwan ist gerade in seine Pause gegangen.
Gürgen: Jahaha hihi, Kuuurt wir steigen hoch Kurt. Haha wir kommen frei. Wir leben jahaha wir leben.
Melodie von "Das Boot" setzt ein
Kurt: Na und? Mir doch egal.
Pränki: Hundert Meter Tauchtiefe erreicht. Weiter steigen bis Seerohrtiefe.
Gürgen: Kuurt wir sind gerettet. Kuuuaahahart wir können den verdammten Krieg überleben. Ich schwöre beim Fuss meiner Mutter, wenn wir mit diesem Schrotthaufen heile im Westen ankommen, chihi, dann bleiben wir fünf, du Kurt und ich, Prankowski ja sogar der bekloppte...
Kurt: Was?
Gürgen: Kaleu Brettermeier und Tomatenkopp immer zusammen und machen was ganz verücktes, chihihihi.
Kurt: Postbeamte werden, oder was?
Gürgen: Neinneinnein, wir machen eine Witzeserie im Radio, ja jahaha haha.
Kurt: Mit den dämlichen Arschkrampen da?
Gürgen: Genau genau, so werden wir sie nennen.
Kurt: Wie?
Gürgen: DIE ARSCH-KRAM-PEN.
Kurt: Ach du Scheisse, eher sauf ich bis zu meinen Lebensende Bier mit .. mit .. mit .. mit Tsatziki, he, als bei so 'nem Scheiss mitzumachen.
Gürgen: Ich schwöre es, eine Witzeserie im Radio. Huuhuahhh, wir werden leben huuhahaaaa.
Pränki: Seerohrtiefe, kein Iwan zu sehen, umschalten auf Dieselmaschinen [Dieselmotoren springen an]. Kurs west, Kap Arkona weiter westsüdwest.
Gürgen: Hi haha hi haha.
Melodie von "Das Boot" wird ausgeblendet
Sprecher: Die letzten Flüchtlinge hatten das unmögliche geschafft. Ihnen war es gelungen, als einige der wenigen, das eingeschlossene Ostpreussen zu verlassen. Doch was hatten sie gewonnen? Bis zu ihrem Lebensende sollten sie Sklave des leichtfertig dahingesagten Schwures vom Stabsgefreiten Ferkulat werden. Wie die Mannschaft des fliegenden Holländers, müssen sie bis zum Ende aller Tage als lebende Leichen in einer launigen Witzeserie durch den Äther segeln. Was ist dagegen der nasse Tod?
Kurt: Besonders, wenn er von innen kommt, höhöhöhöee hö hö hehe Prost!